Das Kölner Wohnungspanel - Veränderungen in der Nachbarschaft
Informationen zum DFG-Projekt "Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten", aktuelle Laufzeit Oktober 2024 - September 2027.
Was sind die Ziele des Forschungsprojekts?
Das Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn erforscht seit nunmehr 15 Jahren den Wandel der Kölner Stadtviertel Deutz und Mülheim. Nach fünf vorangegangenen Befragungswellen zwischen 2010 und 2022 startete im Oktober 2024 die sechste Welle unter dem Projekttitel „Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten“. Das Projekt wird, wie auch die Vorgängerprojekte, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Das Projekt zielt darauf ab, Veränderungen in zwei Nachbarschaften in Köln-Deutz und Köln-Mülheim zu verstehen. Dabei wird insbesondere die Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner mit der Wohnung, der Nachbarschaft und dem Viertel erfragt. Ein wichtiges Ziel ist zu untersuchen, wie sich die Nachbarschaften verändern, zum Beispiel in Bezug auf Mietkosten, und wie solche und andere Veränderungsprozesse wahrgenommen werden. Dazu fragen wir beispielsweise, was die Bewohnerinnen und Bewohner an ihrem Viertel gut finden und was sie stört, wie die Wohnungen ausgestattet sind, ob Modernisierungen vorgenommen wurden und wie die Nachbarschaft eingeschätzt wird. Mit den Ergebnissen können Stadtentwicklungsprozesse in Deutz und Mülheim, aber auch in anderen Vierteln von Köln soweie in anderen Städten beschrieben, begleitet und verbessert werden.
Was ist ein Wohnungspanel?
In den Sozialwissenschaften wird als "Panel" eine Methode der Datenerhebung bezeichnet, bei der die gleichen Untersuchungseinheiten (z.B. Personen, Haushalte oder Betriebe) mehrere Male zu den gleichen Themen befragt werden, um Änderungen in den Einstellungen oder Lebensbedingungen zu erfassen. In unserer Untersuchung handelt es sich um ein Wohnungspanel, dessen Besonderheit es ist, dass die Untersuchungseinheiten Wohnungen sind. Befragt wird jeweils ein aktueller Bewohner oder eine Bewohnerin der Wohnung. Mit dem Wohnungspanel lässt sich zeigen, wie sich Nachbarschaften im Laufe der Zeit verändern: Wer zieht aus, wer zieht ein, wie stark steigen die Mieten, wo und wie werden Wohnungen modernisiert, wie entwickeln sich die Einstellungen der Bewohner/innen zum Viertel?
Unser Wohnungspanel untersucht die Veränderungen von zwei Nachbarschaften in Köln-Deutz und Köln-Mülheim seit 2010. Im Jahr 2010 wurden etwas mehr als 1000 Wohnungen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und eine erwachsene Person, die dort lebte, befragt. Diese Wohnung wurde in den folgenden Befragungswellen, also alle paar Jahre, erneut aufgesucht. Wenn eine bisher befragte Person in der Zwischenzeit ausgezogen war, wurde ihre Nachmieterin oder ihr Nachmieter befragt. Zusätzlich nahmen wir im Jahr 2022, bei der 5. Befragungswelle, knapp 500 weitere Wohnungen in den Nachbarschaften in Deutz und Mülheim neu in die Befragung auf, einerseits um Ausfälle durch nicht erreichbare Haushalte zu kompensieren, andererseits um zwischen 2010 und 2022 neu erbaute Wohnungen mit einzubeziehen.
Wie läuft die sechste Panel-Welle ab?
Das DFG-Projekt "Die Analyse von Veränderungen in der Nachbarschaft mit Hilfe eines Wohnungspanels in zwei Kölner Wohngebieten", in dessen Zentrum die sechste Erhebungswelle steht, startete im Oktober 2024.
Von Oktober 2024 bis März 2025 werden die Daten der zu Befragenden zusammengetragen und die Fragebögen aktualisiert. Fragebögen und Erhebungsdesign werden in einem Workshop im Februar 2025 mit Forschenden aus der Stadtsoziologie diskutiert.
Um eine gute Vergleichbarkeit mit den vorherigen Wellen (siehe „Vorgeschichte und Projektverlauf“) zu gewährleisten, werden die Daten erneut mit face-to-face Interviews erhoben. Von April bis Juli 2025 werden von uns geschulte Interviewerinnen und Interviewer ins Feld geschickt, um die Befragungen in Köln-Deutz und Köln-Mülheim durchzuführen.
Im Anschluss an die Erhebung und Datenbereinigung befasst sich das Projektteam mit der Auswertung der Daten. Vorläufige Ergebnisse werden ab Anfang 2026 auf dieser Website veröffentlicht.
Vorgeschichte und Projektverlauf
Das Projekt Wohnungspanel begann im Jahr 2010, als Prof. Jörg Blasius zusammen mit Prof. Jürgen Friedrichs mit Hilfe einer Förderung durch die DFG die erste Befragung durchführte. Die erste Feldphase mit etwas mehr als 1.000 realisierten face-to-face Interviews auf der Basis einer Zufallsstichprobe des statistischen Amtes der Stadt Köln fand im Spätsommer und Herbst 2010 statt. Die zweite Feldphase wurde im Sommer 2012 mit knapp 900 Interviews beendet, die dritte im Herbst 2013 mit gut 800 Interviews, die vierte Feldphase endete im Winter 2014 mit knapp 750 Interviews und die fünfte im Herbst 2022 mit gut 900 Interviews.
Zusätzlich zu den standardisierten Interviews wurden auch qualitative Daten erhoben, z.B. in Form von Textdokumenten und Experteninterviews. Zu diesem Projekt wurden bislang ein Buch und eine Vielzahl von Artikeln veröffentlicht (siehe Publikationen), in denen u.a. Ausprägungen und der Verlauf von Gentrification-Prozessen in den Nachbarschaften, Lebensstile der Bewohnerinnen und Bewohner, das Image der Viertel, methodische Aspekte des Wohnungspanels, Raumwahrnehmung und andere Themen diskutiert wurden. Im Februar 2019 verstarb Jürgen Friedrichs nach kurzer schwerer Krankheit. Seit dem Sommer 2020 wird das Projekt von Prof. Jörg Blasius und Dr. Alice Barth fortgeführt.
Projektteam
Projektleitung: Prof. Dr. Jörg Blasius und Dr. Alice Barth
Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen: Rebekka Atakan M.A., Marius Maul M.A.
Studentische Mitarbeiterin: Cornelia Leber
Bisherige Publikationen aus dem Projekt
Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius (Hrsg.). 2016. Gentrifizierung in Köln. Opladen: Barbara Budrich Verlag.
Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius. 2015. The Dwelling Panel – A New Research Method for Studying Urban Change. In: Raumforschung und Raumordnung, 73, S. 377-388.
Blasius, Jörg, Jürgen Friedrichs und Heiko Rühl. 2016. Gentrifier and Pioneers in the Process of Gentrification. In: International Journal of Housing Policy, 16, S. 50-69.
Blasius, Jörg, Jürgen Friedrichs und Heiko Rühl. 2016. Gentrification in zwei Kölner Wohngebieten. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 68, S. 541-559.
Blasius, Jörg und Jürgen Friedrichs. 2016. Die Wahrnehmung der Gentrification durch die Bewohner. In: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik – GWP, 65, S. 347-358.
Friedrichs, Jürgen und Jörg Blasius. 2020. Neighborhood Change – Results from a Dwelling Panel. In: Housing Studies, 35, S. 1723-1741.
Barth, Alice und Jörg Blasius. 2023. Assessing rental price dynamics in two gentrified neighbourhoods in Cologne by means of a dwelling panel. Survey Research Methods 17 (3), 395-410
Atakan, Rebekka (2023). Dimensionen der Raumwahrnehmung. Eine relationale Analyse in Vierteln im Gentrifizierungsprozess. Psychologie und Gesellschaftskritik.
Atakan, Rebekka & Barth, Alice (2024): Interrelations of social, physical and symbolic space – assessing residents’ spatial perceptions of gentrifying neighbourhoods with multiple factor analysis. Housing, Theory & Society.
Blasius, Jörg und Jürgen Friedrichs. 2019. Changes of Lifestyles in the Social Space. In: Jörg Blasius, Frédéric Lebaron, Brigitte Le Roux und Andreas Schmitz (eds.), Empirical In-
vestigations of Social Space. Amsterdam: Springer International, S. 61-79.
Leßke, Felix und Jörg Blasius. 2021. Sozialer und physischer Raum – Die Wahrnehmung von zwei Wohngebieten in Köln. In: Sigurõur A. Rohloff und Gitta Scheller (Hrsg.), Habitus
und Geschmack in der Sozialen Arbeit. Weinheim: Beltz Juventa, S. 138-164.
Blasius, Jörg. 2021. Lebensstile, Akteure und Zuzugsmotive – Ergebnisse eines Wohnungspanels. In: Jan Glatter und Michael Mießner (Hrsg.), Gentrifizierung. Aktuelle
theoretische, methodische und politische Herausforderungen. Bielefeld: Transcript Verlag.
Blasius, Jörg & Barth, Alice. 2022. Quantitative Raum- und Quartiersbeobachtung, in: Baur, Nina & Blasius, Jörg (Hg.) Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung, Wiesbaden: Springer VS, S. 1653-1668.